Bezirksliga - Tabellenführer zu Gast
Die Bezirksliga stellte sich bisher zweigeteilt dar: vier Mannschaften, die sich oben ansiedeln, drei Mannschaften unten. Heute war in Geisenheim die Mannschaft "ganz oben" zu Gast: BKA Wiesbaden. Nachdem am letzten Spieltag bei einer der unteren Mannschaften zwei Punkte eingefahren werden konnten, war die Aufgabe diesesmal um einiges schwieriger.
Am Abend vor dem Spiel mußte Werner leider krankheitsbedingt passen, erfreulicherweise konnte Paul Martin noch kurzfristig einspringen.
Paul führte die schwarzen Steine und kam gut aus der Eröffnung. Mit ruhigem, gradlinigen Zentralspiel konnte er sich flott eine ausgeglichene Stellung aufbauen und dem Gegner fiel nicht mehr ein, als Pauls Zentralfiguren wegzutauschen. So landete man recht flott in einem Schwerfigurenendspiel, welches ziemlich remisträchtig war. Als Weiß dann auch noch den Friedensschluß anbot, gab es keinen Grund, diesen auszuschlagen.
An den anderen Brettern sah es nämlich recht gut aus: Jens hatte in der Englischen Eröffnung das besser Händchen für die richtige Aufstellung, der Gegner sah sich veranlasst, eine Fesselung mittels "Befragung" abzuschütteln. Damit hatte Jens anfang des Mittelspiels nicht nur das Läuferpaar, sondern auch schöne Hebelmöglichkeiten. Luca hatte mittels Zugumstellung einen offenen Sizilianer auf dem Brett und ging dies dynamisch an, wie es seinem Stil entspricht. Dann traute er sich jedoch nicht zu einem Bauernopfer, welches ihm mehr als Kompensation gegeben hätte; aber auch so behielt Luca eine aussichtsreiche Stellung. Sophie konnte mit Schwarz heterogene Rochaden auf´s Brett bringen und da der Gegner sich eher zurückhaltend aufbaute, ging die Initiative schon klar an Schwarz über. Jupp hatte Weiß und baute sich eine ziemlich verschachtelte Stellung auf - so wie er es mag. Er hatte auch Raumvorteil und es war an ihm, die aussichtsreichen Hebel anzusetzen. Michael hatte Schwarz an Brett 1 und konnte recht flott Ausgleich erreichen. Doch wie aussrichtsreich fortsetzen, ohne daß allzuviel weggetauscht wird oder das Risiko zu hoch wird? Weiß jedenfalls zeigte sich beim Übergang von Eröffnung zum Mittelspiel auf der Höhe und hielt ordentlich dagegen.
Insgesamt war der Mannschaftsleiter sehr zufrieden mit dem, was auf den Brettern bisher geschah.
Leider konnte der Trend sich nicht ganz so fortsetzen. Im taktischen Gemetzel im Mittelspiel verlor Luca leider kurzzeitig den Durchblick. Der Gegner schien eine Figur einzustellen, doch nach der Schlagmöglichkeit waren auf einmal zwei sehr starke schwarze Drohungen auf dem Brett. Luca übersah eine davon, woraufhin seine Stellung kollabierte. Schade, Luca. Jens ging es da ruhiger an und rochierte lang, wo der König völlig gefahrlos stand, um dann am Königsflügel zu einem starken Hebel anzusetzen. Prompt reagierte der Gegner nicht gut und Jens konnte einen Bauern gewinnen. Anschließend setzte er seinen Mehrbauern am Königsflügel in Szene und konnte einen Freibauern bis h7 vorschieben. Der Gegner fand keine Möglichkeit zu aktiven Gegenspiel und seine Verteidigungslinien wurden gestürmt. Klasse Partie, Jens!
Damit also 1,5 :1,5 und das sollte auch eine ganze Zeit noch so bleiben, die drei Frontbretter spielten deutlich länger als der Rest.
Sophie brachte ihren Angriff folgerichtig nach vorne, sie stürmte mit ihren Flügelbauern vor und schreckte dann auch vor einem Figurenopfer nicht zurück, um die Stellung zu öffnen. Der Weißspieler schaltete voll auf Defensive und versuchte, den Laden zusammenzuhalten. Sophie zögerte nicht, noch eine zweite Figur zu opfern - der Angriff auf den weißen König sah gewaltig aus. Alle schwarzen Figuren waren beteiligt, Weiß konnte seine aufgrund Raummangels aber nicht alle zur Verteidigung beordern. Leider fand Sophie dann aber nicht den Knock-Out, sondern nur eine vielversprechende Abwicklung, die unter Materialrückgewinn im Endspiel landete. Dort bot der Führer der weißen Steine Remis an, was wir annahmen.
Hier noch ein Schnappschuss - mitten im Angriff:
Ja, Schwarz hat hier 2 Figuren ins Geschäft gesteckt, aber Weiß fehlen dafür zwei Rochadebauern.
Und schwarze Bauern auf h3, g4 und f4 vor dem luftigen weißen König sieht man auch nicht alle Tage...
Auch bei Jupp lief es leider nicht wie gewünscht. Seinen Raumvorteil konnte er nicht transformieren und als er auch am Königsflügel einen Hebel anzusetzte, bemerkte er selbst, daß die beste Zeit seiner Stellung vorbei ist und bot Remis. Aber auch der Gegner hatte verstanden, daß mittlerweile das Pendel zu seinen Gunsten ausschlägt und schlug das Angebot aus. Jupp war leider nicht in der Lage, seine Stellung zusammenzuhalten. Wie so oft machte es sich hier im Endspiel bemerkbar, daß die Figuren fehlen, um die Einbruchsfelder zu kontrollieren - die Kehrseite des "Raumvorteils". Starke kämpferische Leistung von Jupp und eine ansprechende Partie; aber wir müssen auch anerkennen, daß Schwarz das Endspiel stark gespielt hat.
Damit also 2 : 3 aus Sicht von Geisenheim. Der Fokus lag also mal wieder auf dem Frontbrett. The same procedure as every time? Diesesmal nicht! Beim Versuch, möglichst viel aus der Stellung zu holen, ging Schwarz Risiken ein und ... verrechnete sich dabei... Schwarz mußte die Qualität geben, zwar hatte er das Läuferpaar dafür, dieses war aber erstmal inaktiv. Am Drücker war eindeutig Weiß. Weiß spielte die ganze Partie kompromisslos stark und er gab Schwarz kaum eine Möglichkeit, überhaupt wieder zurück in die Partie zu kommen. Schwarz kämpfte vehement darum, nicht direkt zu kollabieren. Und es gelang ihm, auch auf taktischem Wege, sich schlußendlich in ein Endspiel T + B vs. L + B zu retten:
Die Engines sind eben doch (noch) nicht unfehlbar:
Stockfish 10 rechnet 10 Minuten lang und gelangt zur Einschätzung: Vorteil von Weiß: + 3,67
Die tablebases kommen zum gleichen Resultat wie auch die Spieler am heutigen Tage (Weiß hat es satte 90 Züge lang versucht): das ist Remis!
Auf dem Brett also mit einem blauen Auge davon gekommen, doch der Mannschaft hat es nix genutzt. Doch allzu traurig sollten wir nicht sein - wir haben dem Tabellenführer einen wirklich heißen Fight geliefert, der genauso gut auch anders herum hätte ausgehen können !
Damit also 3,5 : 2,5 für "BKA Wiesbaden", die Einzelergebnisse:
SK 1950 Geisenheim 2 | - | BKA Wiesbaden | 2,5 : 3,5 |
---|---|---|---|
Link, Michael | - | Hoffmann, Christian | ½ : ½ |
Magnus, Jupp | - | Ziegler, Jörg | 0 : 1 |
Link, Sophie | - | Gauert, Rolf | ½ : ½ |
Daubitz, Luca | - | Bartenstein, Benjamin | 0 : 1 |
Martin, Paul | - | Krodel, Wolfgang | ½ : ½ |
Topfstedt, Jens | - | Spatar, Florin | 1 : 0 |
Geisenheim II hat damit 5 : 5 Punkte.
Mit dem Abstieg haben wir weiter nichts zu tun, mit dem Aufstieg aber auch nicht.
In der Schlußrunde am 12. Mai geht es zu TuS Dotzheim.
Alle Ergebnisse des Spieltags gibt es hier.
Bilder vom gemeinsamen Spieltag: